Oscar Troplowitz

Oscar Troplowitz – von Labello bis Picasso

Das Unternehmen Beiersdorf dürfte jedem ebenso bekannt sein wie der Stadtpark. Vielen ist sicher auch die Troplowitz- oder die Unnastraße in Eimsbüttel geläufig. Aber inwiefern gibt es eine Verbindung zwischen den genannten Institutionen und Straßennamensgebern?

1863 in Oberschlesien als Sohn assimilierter Juden geboren, war Oscar Troplowitz schon in jungen Jahren sehr an Kunst und Architektur interessiert. Nachdem er, dem Wunsch seines Vaters entsprechend, eine Ausbildung zum Apotheker bei seinem Onkel absolvierte und im Anschluss Pharmazie studierte, promovierte er, seinen eigenen Interessen entsprechend, zum Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste. Diese eher unkonventionelle Kombination prägte seinen Werdegang.

1890 führte ihn sein Weg nach Hamburg, wo er mit der Unterstützung seines Onkels für 60.000 Mark die „Fabrik dermotherapeutischer Präparate“ von Paul Carl Beiersdorf kaufte. Beiersdorf war es in Zusammenarbeit mit dem Dermatologen Paul Gerson Unna gelungen, die Herstellung von selbstklebenden Pflastern, die mit heilenden Wirkstoffen bestrichenen waren, geschäftsfähig zu machen. Deren Patentierung legte 1882 den Grundstein der Firma Beiersdorf. Beim Vertrieb von Pflastern sollte es aber nicht bleiben. Troplowitz setzte weiter auf die gemeinsame Arbeit mit Unna und holte sich die Unterstützung des Chemikers Isaac Lifschütz, woraufhin die Entwicklung des Unternehmens rasant ihren Lauf nahm. 1901 wurde der medizinische Klebeverband Leukoplast entwickelt und Labello, der erste Lippenpflegestift im neuartigen Drehhülsengehäuse, kam im Jahr 1909 auf den Markt und nur wenig später folgte NIVEA, die erste schneeweiße Fett- und Feuchtigkeitscreme der Welt, die 1911 ihren Siegeszug antrat, um nur ein paar der bedeutendsten Produkte der Erfolgsgeschichte Beiersdorf zu nennen.

Innerhalb von 25 Jahren wuchs die kleine Firma mit anfangs gerade mal elf Mitarbeitern zu einem weltweit tätigen Unternehmen mit über fünfhundert Angestellten. Troplowitz war der Überzeugung, dass Markenartikel mit zuverlässiger Qualität das Erfolgskonzept der Zukunft darstellten und er sollte Recht behalten. Mit seinem guten Gespür für Vertrieb und Werbung erreichte er sehr schnell die internationale Vermarktung seiner Produkte. Bereits im Jahr 1914 gab es die Erzeugnisse aus Hamburg fast überall auf der Welt zu kaufen. Doch nicht nur seine Experimentier- und Innovationsfreude machten ihn zu einem erfolgreichen Unternehmer, sondern auch sein vorbildliches soziales Engagement. Er ließ seine Angestellten am Erfolg des Unternehmens teilhaben, führte diverse Sozialleistungen ein und war damit seiner Zeit weit voraus. Kostenlose Mittagessen, bezahlter Urlaub, Mutterschutz, ein Betriebskindergarten sowie eine Pensionskasse sicherten ihm die Loyalität seiner Mitarbeiter. Als einer der ersten Arbeitgeber Hamburgs reduzierte er die Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden.

Sein Einsatz galt aber nicht nur dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern, sondern auch dem Gemeinwohl und der Stadt Hamburg. Er unterstützte viele karikative Einrichtungen und Krankenhäuser, ganz unabhängig davon, welcher Religionsgemeinschaft ihre Träger angehörten. Als Gründungsmitglied des Stadtpark-Vereins ist es maßgeblich ihm zu verdanken, dass mitten in der Stadt ein öffentlicher Park zur Erholung angelegt wurde.

Darüber hinaus widmete sich Troplowitz seiner Leidenschaft für Kunst und Architektur. Als bekannter Kunstliebhaber, anerkannter Sammler und bedeutender Mäzen war er der erste deutsche Privatsammler, der einen Picasso sein Eigen nenne konnte – die Absinthtrinkerin. Ob durch Zufall oder mit einem Augenzwinkern beabsichtigt, in ihr findet sich eine charmante Parallele zur Pharmazie, wurde die Wermutspirituose Absinth doch ursprünglich als Heilmittel eingesetzt.

In einer unter Denkmalschutz stehenden Grabanlage von Fritz Schumacher fand Troplowitz auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf seine letzte Ruhestätte. Die berühmte Kunstsammlung wurde der Hamburger Kunsthalle vermacht und so schließt sich der Kreis eines bemerkenswerten Lebens, geführt nach dem jüdischen Gebot der Zedaka und dem hanseatischen Prinzip: tue Gutes und sprich nicht darüber.